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IT-Recht

BGH: Regelungen zum besonderen elektronischen Anwaltspostfach nicht verfassungswidrig.

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Nach der Entscheidung des BGH vom 11.1.2016 sind die Vorschriften der §§ 31a, 177 Abs. 2 Nr. 7 BRAO, die die Einrichtung des beA durch die BRAK betreffen, nicht verfassungswidrig. Insbesondere ist Art. 12 GG nicht verletzt. Das Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten vom 10. Oktober 2013 greift, soweit die Rechtsanwälte betroffen sind, zwar in deren Grundrecht auf Berufsfreiheit ein. Es handelt sich jedoch um Berufsausübungsregelungen, welche durch vernünftige Gründe des Gemeinwohls – hier: die Funktionsfähigkeit der Rechtspflege – gerechtfertigt sind. (https://openjur.de/u/872582.html)

Facebook-Zugang im digitalen Nachlass

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Eine 15jährige verstarb unter ungeklärten Umstände in einem Berliner U-Bahnhof, weil sie von einer einfahrenden U-Bahn erfasst wurde. Die Mutter erhoffte sich über den Einblick in den Facebook-Account der Tochter Informationen zu den Hintergründen eines möglichen Suizids.

Das Landgericht Berlin musste in seinem jetzt veröffentlichten Urteil vom 17.12.2015 entscheiden, ob die Mutter als Erbin von Facebook den Zugang zu dem Account verlangen kann. Zwar hatte die Tochter ihrer Mutter die Zugangsdaten ohne weiteres zu Lebzeiten überlassen. Allerdings hatte laut Facebook ein Nutzer den Account in einen sog. „Gedenkzustand“ versetzt, so dass der Zugang blockiert war. Den Namen des Nutzers wollte Facebook aus Gründen des Datenschutzes nicht mitteilen.

Das LG Berlin vertrat die Ansicht, dass den Eltern ein Anspruch auf Zugang zu dem Benutzerkonto der Tochter bei Facebook zustehe. Der Nutzungsvertrag mit Facebook sei im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die Eltern übergegangen. Damit stehe Ihnen auch das Recht zu, auf die Server von Facebook bzw. das dortige Profil der Tochter zuzugreifen.

Schon bislang gilt es als herrschende Meinung, dass das Prinzip der Gesamtrechtsnachfolge auch für die höchstpersönlichen Daten im digitalen Nachlass des Erblassers gilt (vgl. u.a. Klas/Möhrike-Sobolewski, Digitaler Nachlass – Erbenschutz trotz Datenschutz, NJW 2015, 3473, 3474). Die gegenteilige Ansicht, nach der nur die vermögensrechtlichen Teile des digitalen Nachlasses, nicht hingegen die nicht-vermögensrechtlichen vererblich sein sollen (vgl. u.a. Hoeren, Der Tod und das Internet – Rechtliche Fragen zur Verwendung von E-Mail- und WWW-Accounts nach dem Tode des Inhabers, NJW 2005, 2113, 2114), sei abzulehnen, denn eine eindeutige Bestimmung des vermögensrechtlichen Charakters eines Teils des digitalen Nachlasses sei praktisch nicht möglich. Im Übrigen sei eine derartige Differenzierung den erbrechtlichen Regelungen des BGB fremd.

LG Berlin Urteil vom 17.12.201520 O 172/15, JurPC Web-Dok. 21/2016 – DOI 10.7328/jurpcb201631221

Abmahnung wegen fehlender Widerrufsbelehrung bei einem Kontaktformular?

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Heute erreichte uns eine Anfrage wegen einer Abmahnung unter Maklern.

Abgemahnt wurde eine fehlende Widerrufsbelehrung. An sich nichts ungewöhnliches. Nach Artikel 246 Abs. 3 Satz 1 EGBGB ist ein Unternehmer verpflichtet, den Verbraucher in Textform über sein Widerrufsrecht zu belehren, wenn dem Verbraucher ein Widerrufsrecht zusteht. Ein Widerruf  wiederum steht dem Verbraucher unter anderem dann zu, wenn er einen Fernabsatzvertrag schließt (ausschließliche Verwendung von Fernkommunikationsmittel, z.B. E-Mail, zum Vertragsschluß), §§ 312g, 355 BGB.

Ungewöhnlich war die Auffassung des Abmahners, die Widerrufsbelehrung hätte dem Kontaktformular auf dem Internetportal des abgemahnten Maklers beigefügt werden müssen.

Unserer Auffasung nach kommt ein (Makler-)Vertrag jedoch nicht schon dadurch zustande, daß ein Interessent ein Kontaktformular ausfüllt. Was genau soll also ein Interessent, der das Kontaktformular ausgefüllt hat, widerrufen?

Vielleicht findet sich ja ein Makler, der sich dennoch erbarmt, dem Abmahner seine geforderten € 150,00 für die Abmahnung zu zahlen. Die meisten Unfälle passieren bekanntlich am Schreibtisch.

„Nicht Ihre Tasse Tee.“

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Daß es mitunter schwer ist, als Rechtsanwalt oder auch schon früher als Student und Referendar „fachfremde“ Gesprächspartner in juristischen Fragen zu überzeugen, ist eine Erfahrung, die fast jeder Jurist schon gemacht haben wird. Mit Gesetzen und Regeln sind wir alle tagtäglich konfrontiert. Gegen Alltagserfahrung und Bauernschläue ziehen die „akademische Weihen“ des Jurastudiums mitunter den kürzeren, jedenfalls im Gespräch in trauter Runde, seltener dagegen vor Gericht.

Fernseh- und Filmanwälte tun ihr Übriges, um die „fachfremden“ Gesprächspartner vollends von der Inkompetenz des „echten“ Juristen zu überzeugen.

So fällt manch ein Mandant aus allen Wolken, wenn er erfährt, daß der gemeine Anwalt wegen einer Filesharing-Abmahnung nicht direkt in sein Auto steigt und das abmahnende Unternehmen (unter Umgehung des kriminellen Abmahn“kollegen“) am 500 Kilometer entfernten Unternehmenssitz aufsucht, um mal Klartext zu reden. Die Empörung weicht auch dann nicht, wenn der Jurist erklärt, daß eine solche Intervention nicht zielführend und rechtlich bestenfalls irrelevant ist: Im Fernsehen setzt sich der Anwalt schließlich auch richtig ein. Die Empörung steigt sogar, wenn man freundlich darauf hinweist, daß sich die gesetzliche Vergütung bei gerade einmal € 147,56 liegt und man hierfür nicht zwei Tage durch die Republik fahren werde.

Schlimm wird es, wenn man bei Gericht auf der Gegenseite eine Kollegin antrifft, die offensichtlich ebenfalls zivilprozessuale Kenntnisse eher von Hörensagen oder aus den Medien erworben hat. Meistens handelt es sich dann noch um Kollegen, die sich selbst vertreten und damit in aller Regel einen Narren zum Mandanten haben.

So kam es bei einer mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht München dazu, daß eben eine solche Kollegin die Bevollmächtigung unserer Kanzlei bestritt. Natürlich, kann man mal machen. Dieses Bestreiten ist aber ziemlich blödsinnig, wenn der vollmachtgebende Mandant neben seinem Anwalt in der Verhandlung sitzt. Ebenso blödinnig war die Idee, eine Parteieinvernahme, der unsere Seite hätte zustimmen müssen, zu umgehen, indem man eine eidesstattliche Versicherung der ebenfalls anwesenden Partei vorlegt. Die Richterin kommentierte dies mit: „Eine eidesstattliche Versicherung brauche ich nicht, wenn ich etwas von der Partei wissen will, dann frage ich.“

Was dem Faß den Boden ausschlug war, daß die Kollegin, die aufgefordert wurde, ihre Anträge zu stellen, zunächst einmal ein Ordnungsgeld gegen unseren Mandanten beantragte, weil dieser bei einem anderen Termin nicht zugegen war. Über diesen wichtigen Antrag hin vergaß die Kollegin leider, eine Schriftsatzfrist zu beantragen. Als sie dies hektisch nachzuholen versuchte, als das Gericht schon die Abschlußverfügungen diktierte, kommentiere die Richterin:

Ich habe Sie ausdrücklich nach Ihren Anträgen gefragt. Statt Ihre Arbeit zu machen, stellen Sie einen Ordnungsmittelantrag, der nicht Ihre Tasse Tee ist.“

Ich bin sicher, die Kollegin ist nun vollends von der Inkompetenz der Richterin überzeugt – schließlich werden im Fernsehen ständig Ordnungsgelder verhängt.

Melango.de – das Urteil

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Heute hat uns in der Melango-Sache das Urteil erreicht. Wir haben hier, hier und hier berichtet.

Hier finden Sie das Urteil: 2013-05-03 Melango-Urteil

Schallende Ohrfeige für Melango

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Wie wir bereits hier und hier berichtet haben, befinden wir uns in einer gerichtlichen Auseinandersetzung mit der Melango GmbH und dessen Projekt „Mega-Einkaufsquellen.de“. Wir hatten eine negative Feststellungsklage eingereicht.

Wider Erwarten bestellte sich tatsächlich eine Rechtsanwaltskanzlei aus Solingen für die Melango GmbH und fertigte eine Klageerwiderung. Diese Klageerwiderung kommt jedoch unserer Ansicht nach einem juristischen Offenbarungseid gleich. In völliger Verkennung der Sach- und Rechtslage ließ die Melango GmbH vortragen, daß ein Vertrag geschlossen worden sei, ohne auch nur einen sinnvollen Beweis anzubieten. Alle unsere Argumente wurden lediglich (unsubstantiiert) bestritten.

Jeder Student weiß, daß eine Partei, die sich auf einen Vertragsschluß beruft, diesen auch beweisen muß. Nichts anderes gilt natürlich im Rahmen eines Feststellungsverfahrens. Melango ist jedoch jeden Beweis für einen Vertragsschluß schuldig geblieben.

Kurz vor dem Termin, den das Gericht angesetzt hatte, erreichte uns ein Schreiben der Rechtsanwälte von Melango, in dem wir gebeten wurden, die Klage zurück zu nehmen. Melango bot an, alle Kosten zu übernehmen. Wir haben abgelehnt.

Im heutigen Termin führte der Richter sehr detailliert und sachkundig in den Streit ein und regte an, Melango möge ein Anerkenntnis abgeben, da bisher ein Vertragsschluß nicht bewiesen wurde. Die Terminsvertreterin sah sich nicht in der Lage, ein Anerkenntnis abzugeben. Nach telefonischer Rücksprache mit den Hauptbevollmächtigten der Melango wurde das Anerkenntnis abgelehnt.

Den Richter veranlaßte das Verhalten von Melango zu der Fragen: „Glauben Sie denn wirklich, daß irgendein Gericht in Deutschland diesen Fall anders sehen würde als ich?“

Am Ende der Sitzung kam es dann zu einem sogenannten Stuhlurteil. In Zivilverfahren ist dies nur üblich, wenn die Sach- und Rechtslage völlig eindeutig ist. Der Richter hat dem von uns gestellten Klageantrag vollumfänglich entsprochen. Eine schallende Ohrfeige für Melango.

Kai Sünkenberg

Rechtsanwalt, Fachanwalt für IT-Recht

Drohung mit Schufa-Eintrag

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Aus aktuellem Anlaß: Unser kurzer Artikel zur Klage gegen Melango hat zu einigen Reaktionen geführt, zumal offenbar kürzlich eine neue Welle von Mahnschreiben rausgegangen ist.

Einige Betroffene machen sich große Sorgen wegen der Drohung mit einem Schufa-Eintrag und der Einschaltung von Inkasso-Unternehmen. Diese Sorge ist in aller Regel unbegründet, da eine Meldung an die Schufa nur zulässig ist, wenn eine unbestrittene Forderung vorliegt (§ 28a BDSG). Sollte ein Unternehmen eine bestrittene Forderung an die Schufa melden, macht es sich ggf. schadensersatzpflichtig. Zudem kann die Löschung des Eintrags verlangt und notfalls auch gerichtlich durchgesetzt werden.

Typische Formulierungen sind z.B.

„Des Weiteren weisen wir gem. § 28a Abs. 1 Nr. 4c BDSG darauf hin, dass wir Daten über die nicht vertragsgemäße Abwicklung von fälligen und unbestrittenen Forderungen an unser Inkassobüro an die SCHUFA Holding AG,….., übermitteln.“

oder

„Darüber hinaus informieren wir Sie gemäß § 33 Abs. 1 BDSG, dass wir Ihre Daten aus dem genannten Schuldverhältnis gespeichert haben. Eine Meldung dieser Daten an die Schufa Holding AG und Creditreform kann bei vorliegen der rechtlichen Voraussetzungen des § 28a BDSG nicht ausgeschlossen werden.“

Das Amtsgericht Charlottenburg hat kürzlich in einem Verfahren, bei dem es um genau so eine Formulierung in einem Mahnschreiben ging, entschieden, daß die Meldung an die Schufa bei Strafandrohung zu unterlassen ist (Az. 218 C 1001/13).

Der Empfänger der Mahnung hatte sich durch den Hinweis auf die Schufa bedroht und in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt gesehen. Daraufhin hat der Mahnungsempfänger die Mahnungsversenderin abmahnen lassen. Nachdem die Versenderin sich zunächst weigerte, eine Unterlassungserklärung abzugeben, erließ das Amtsgericht zunächst eine eintweilige Verfügung zugunsten des Mahnungsempfängers. Nach Widerspruch durch die Versenderin wurde die einstweilige Verfügung durch Urteil bestätigt.

Also: Keine Angst vor der Schufa-Drohung. Sie sollten sicherheitshalber ggf. klar stellen, daß Sie die Forderung NICHT anerkennen. Wenn Sie Rechtssicherheit wollen, dann sind – wie gezeigt – weitere Schritte möglich. Unser Tipp: Lassen Sie sich durch einen Anwalt beraten, denn Sie wissen ja: Die meisten Unfälle passieren am Schreibtisch!

Insolvenz der Reutax AG, Reutax Temp GmbH und Lenroxx GmbH – Folgen für freien Mitarbeiter (Freelancer)

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Nach der Insolvenz der Reutax AG stellt sich für viele Freelancer die Frage, wie sie sich nun verhalten sollten, um einen Forderungsausfall so weit wie möglich zu vermeiden. Ein wichtiger Aspekt dabei ist die Frage, wer mit wem Verträge geschlossen hat.

 

1.

Nach dem Insolvenzantrag hat das Insolvenzgericht für die Reutax AG, die Reutax Temp GmbH und die Lenroxx GmbH jeweils vorläufige Insolvenzverwalter bestellt. Jede der Gesellschaften hat dabei einen anderen Insolvenzverwalter erhalten, dessen Aufgabe es zunächst ist, die zukünftige Insolvenzmasse zu sichern und dem Gericht einen Bericht über die Verhältnisse der jeweiligen Gesellschaft zu liefern. Hierzu wurden den vorläufigen Insolvenzverwaltern umfangreiche Befugnisse übertragen. Zugleich sind die Geschäftsführer der GmbH und der Vorstand der AG in der Regel nicht mehr befugt, über das Vermögen der Gesellschaft zu verfügen oder Verträge zu schließen und dabei die Gesellschaft zu vertreten.

In den nächsten Tagen werden die vorläufigen Insolvenzverwalter sich einen Überblick verschaffen und das Tagesgeschäft ordnen. In aller Regel werden die vorläufigen Insolvenzverwalter bemüht sein, das operative Geschäft – soweit es geht und soweit es zur Sicherung und ggf. auch Mehrung der Insolvenzmasse sinnvoll ist – fortzuführen.

 

2.

Für Freelancer ist es wichtig zunächst zu bestimmen, wer genau der jeweilige Vertragspartner ist.

Die Reutax AG ist schwerpunktmäßig eine Personalvermittlung, so dass es möglich ist, dass der Freelancer im Projekt gar keinen Vertrag mit Reutax hat, sondern mit dem Endkunden. Die Reutax AG hätte in dem Fall lediglich vermittelt.

Die Reutax Temp GmbH dagegen ist im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung tätig, so dass hier in aller Regel der Dienstleister vertraglich an die Reutax Temp GmbH gebunden sein wird.

Die Lenroxx GmbH schließlich bietet in erster Linie Dienstleistungen für Endkunden, die Projekte besetzen wollen. Mit der Lenroxx GmbH wird der Freelancer daher in der Regel nicht in Kontakt sein.

Falls der Freelancer einen Vertrag mit dem Endkunden geschlossen hat (ggf. vermittelt durch eine Reutax-Gesellschaft) hat er in aller Regel nichts zu befürchten. Sein Ansprechpartner ist der Endkunde und die Tätigkeit kann normal weitergeführt werden.

Wenn jedoch ein Vertrag mit Reutax oder Lenroxx besteht und der Dienstleister im Wege der Arbeitsnehmerüberlassung beim Endkunden eingesetzt ist, dann kann man zunächst einmal gar nicht mehr von „Freelancer“ sprechen, da der Mitarbeiter in einem Angestelltenverhältnis beschäftigt, also kein freier Mitarbeiter mehr ist. Folglich liegt keine Selbständigkeit mehr vor. In diesem Fall gelten ggf. besondere Regelungen des Arbeitnehmers in der Insolvenz. Ein Arbeitnehmer kann (und sollte) zum Beispiel Insolvenzgeld beantragen. Der Arbeitsvertrag läuft einstweilen weiter und der Arbeitnehmer sollte auch weiter seiner Tätigkeit nachgehen. Gehälter werden vorranging als Masseverbindlichkeit aus der Insolvenzmasse gezahlt (§§ 53, 55 Abs. 2 InsO).

Eine weitere mögliche Konstellation ist, dass der Freelancer eine vertragliche Vereinbarung mit einer Reutax-Gesellschaft getroffen hat, und nun als selbständiger Subunternehmer der Reutax-Gesellschaft beim Endkunden eingesetzt ist. In diesem Fall hängt die Fortführung der Tätigkeit von der Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters ab. Hier sollte der Freelancer umgehend Kontakt aufnehmen und danach entscheiden, ob er seine Tätigkeit fortführt.

Nur wenn die Zustimmung des Insolvenzverwalters vorliegt, hat der Freelancer hinsichtlich der Vergütung seiner folgenden Tätigkeit einen Anspruch: Wenn ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens Leistungen vom Insolvenzverwalter beauftragt, dann ist die Vergütung für diese Leistungen eine Masseverbindlichkeit (§ 55 InsO), die vorrangig aus der Insolvenzmasse bezahlt werden muss (§ 53 InsO).

Forderungen eines Freelancers gegen eine Reutax-Gesellschaft, die ohne Beauftragung durch den Insolvenzverwalter entstanden sind, werden nicht vorranging aus der Insolvenzmasse bedient. Ob und wann diese Forderungen bezahlt werden, hängt von der Vermögenssituation der Gesellschaft ab. Gegebenenfalls wird, wenn überhaupt, nur ein Bruchteil der Forderung bezahlt. In jedem Fall sollten die Forderungen beim Insolvenzverwalter angemeldet werden.

 

3.

Zur Insolvenzmasse gehört das gesamte Vermögen, das der insolventen Gesellschaft zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gehört und das sie während des Verfahrens erlangt. Zu denken ist dabei bei Dienstleistern vor allem an Forderungen gegen Dritte. Zu Insolvenzmasse gehören aber auch Betriebsmittel, Urheberrechte oder Immobilienvermögen.

 

4.

Endkunden von Reutax-Gesellschaften sollten mit dem Insolvenzverwalter in Kontakt treten und entscheiden, ob es Sinn ergibt, die Verträge mit Reutax fortzuführen. In jedem Fall sollte alles getan werden um zu verhindern, dass Zahlungen an die insolvente Gesellschaft geleitet werden, wenn die Gegenleistung nicht sichergestellt ist. Ob dem Endkunden ein Kündigungsrecht zusteht, muss im Einzelfall geprüft werden.

 

5.

Hinsichtlich der weiteren Zusammenarbeit des Endkunden mit dem Freelancer oder Dienstleister, der über eine Reutax-Gesellschaft zum Endkunden gekommen ist, muss wieder unterschieden werden:

  • Wenn eine Personalvermittlung durch eine Reutax-Gesellschaft vorliegt, dann besteht in der Regel ein direktes Vertragsverhältnis zwischen Freelancer und Endkunden. Reutax ist in dem Fall aus „dem Spiel“.
  • Falls eine Arbeitnehmerüberlassung vorliegt, ist der Dienstleister Arbeitnehmer der Reutax-Gesellschaft. Der Endkunde hat keinen Einfluss auf dieses Arbeitsverhältnis. Ob der Endkunde den Dienstleister „abwerben“ kann und selbst anstellt, ist eine Einzelfallfrage. In der Regel wird es dazu vertragliche Regelungen geben, die zu beachten sind.
  • Wenn der Freelancer als Subunternehmer der Reutax-Gesellschaft beim Endkunden eingesetzt ist, wird der Freelancer seine Tätigkeit nur Fortführen, wenn der Insolvenzverwalter zustimmt. Der Endkunde kann sich beim Insolvenzverwalter für die Zustimmung einsetzen. Falls der Endkunde den Freelancer direkt ansprechen möchte und die Reutax-Gesellschaft ausschalten will, sind Wettbewerbs- und Kundenschutzklauseln zu beachten, die in der Regel vorliegen werden. Diese müssen im Einzelfall geprüft werden.

Grundsätzlich gilt: Verträge mit einer insolventen Gesellschaft sind zunächst einmal weiter wirksam und müssen beachtet werden. Alle andere ist ein Risiko für Endkunden oder Freelancer, das man nur nach entsprechender Prüfung und Beratung eingehen sollte.

 

Kai Sünkenberg, Rechtsanwalt und Fachanwalt für IT-Recht

ASR Astner Sünkenberg Rechtsanwälte

Es hat uns erwischt: Melango.de droht mit Strafanzeige

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Wir sind sicher kein Einzelfall: Aus heiterem Himmel geht eine Zahlungsaufforderung der Melango.de GmbH (Geschäftsführer David Jähn) bei uns ein. Wir sollen uns bei der Einkaufsplattform „mega-einkaufsquellen.de“ angemeldet haben und nun die Jahresgebühr von € 240,00 zahlen.

Die Anmeldedaten, die Melango.de uns mitteilt, sind vorsichtig gesagt dubios: Eine E-Mail-Adresse eines uns unbekannten Dritten, eine IP-Adresse aus Thailand, ein Ansprechpartner, den hier niemand kennt. Trotzdem, Melango.de bleibt dabei, wir sollen für unsere angebliche Mitgliedschaft bei mega-einkaufsquellen.de zahlen. Schließlich können wir dann auch so sinnvolle Dinge erwerben wie Großkontingente von Wassermelonen zu € 0,16  das Stück oder iPads ab € 96,00.

Wir bleiben freundlich und weisen Melango.de auf ihren Irrtum hin. Die Antwort? Eine letzte Mahnung mit Klageandrohung und Tage später die Mitteilung, daß nun eine Strafanzeige geprüft würde. Alles gewürzt mit der Drohung mit dem Rechtsanwalt, der schon alles geprüft habe, mit dem obligatorischen Schufa- und Creditreform-Eintrag und den schlimmen sonstigen Folgen einer Nichtzahlung.

Wir weisen also nochmal darauf hin, daß wir Melango.de oder mega-einkaufsquellen.de nicht kennen und uns niemals angemeldet haben. Nützt nichts. Melango.de bleibt bei der Forderung.

Heute haben wir negative Feststellungsklage eingereicht, weil es uns langt und weil Melango.de nun unser Hobby wird.

… und wir berichten hier weiter.

Filesharing – Unmögliche Anforderungen an Eltern

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Wie soll das funktionieren? Das LG Köln hat mit Urteil vom 13.05.2009 (Az. 28 O 889/08) in einem Filesharing-Fall u.a. entschieden, daß Eltern nicht nur die Pflicht haben, Ihren Kindern explizit untersagen, Musik mittels Filesharing-Software aus dem Internet herunterzuladen, die Eltern müssen nach Auffassung des Gerichts darüber hinaus auch technische Maßnahmen ergreifen, um Filesharing am PC zu verhindern.

Es stellt sich aber die Frage. Ist das überhaupt möglich?

Im konkreten Fall verlangte die Klägerin (eine führende deutsche Tonträgerherstellerin) den Ersatz von Abmahnkosten in Höhe von fast € 5.900,00 . Vorgeworfen wurde das Anbieten von 964 Musiktitel über das Internet. Die Beklagte wandte u.a. ein, daß allenfalls die minderjährigen Kinder die Musiktitel angeboten haben könnten. Die Kinder seien darauf hingewiesen worden, daß sie kein Filesharing unternehmen dürften. Es seien auch eine Firewall und Benutzerkonten eingerichtet gewesen.

Dem Gericht war dieser Vortrag egal: Es sei nicht nachgewiesen worden, daß die Benutzerkonten mit „eingeschränkten Rechten“ eingerichtet worden seien. Bei der Firewall sei nicht dargelegt worden, daß diese den Download verhindert hätte.

Es bedarf schon einiger technischer Kenntnisse, um überhaupt eine Firewall individuell zu konfigurieren. Wie genau verhindert man den Download von Files per Firewall? Eine Firewall kann bestimmte IP-Adressen blockieren. Da aber Filesharing heute nicht über zentrale Server und klar definierbare IP-Adressen stattfindet, sondern in Peer-to-Peer-Netzwerken mit wechselnden IP-Adressen, wird ein blockieren schwer.

Kann ein versierter Leser Licht ins Dunkel bringen?

Ich gehe davon aus, daß es technisch gar nicht möglich ist, Filesharing am heimischen PC zu verhindern – jedenfalls nicht mit zumutbarem Aufwand.

Interessant ist bei dem Urteil auch eine Beweislastumkehr, die das Gericht vornimmt: Die Beklagte hatte bestritten, daß die Kläger an ihre Rechtsanwälte die gesetzliche Vergütung gezahlt haben. Vergütungsvereinbarungen sind in diesem Bereich üblich, so daß unserer Ansicht nach eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür spricht, daß die gesetzliche Vergütung von den Klägern nicht gezahlt wurde.

Das Gericht unterließ es, den Klägern aufzugeben, den Nachweis dafür zu erbringen, daß die geltend gemachten Anwaltskosten tatsächlich entstanden sind. Statt dessen sollte die Beklagte beweisen, daß eine Vergütungsvereinbarung vorlag – dies war ihr natürlich nicht möglich.

Eines wird meines Erachtens deutlich: Das Gericht war nicht besonders motiviert, mal über den Tellerrand zu sehen. Entschieden wurde einmal mehr nach Schema F.